Lesen
Lesen
Julio Cortázar, Rayuela
Mit Cortázars Erzählungen eine ganz grundlegende Lektüre, weil Cortázar ein Meister darin ist, zwischen den Realitäten zu springen, die scheinbar so alltägliche Wirklichkeit plötzlich aufklaffen zu lassen und ihre Abgründigkeit zu erkunden. Wer sich ihm anvertraut, wird dazu verleitet,…
Patrick Modiano, Die kleine Bijou
Diese Entdeckung fand vor längerer Zeit statt, der Nobelpreis stand noch fern in den Sternen. Auch bei Modiano könnte ich nicht einen einzigen seiner durch die Reihe kurzen und auf den ersten Blick melancholisch anmutenden Romane nennen, deren Wirkung man vielleicht vergleichen könnte mit einem Filter vor einer Kamerablende, …
W.G. Sebald, Schwindel. Gefühle
Bei Sebald ist es eigentlich egal, worüber er schreibt, man begleitet ihn auf jede Reise und in jede Erinnerung, so hypnotisch ist seine Beschreibung der Dinge und Begebenheiten. Die sich über den Gardasee senkende Dämmerung wird zum Ausdruck der den Verfasser zusetzenden Seelenzustände,…
James Salter, All that is
Lichtjahre war eine Entdeckung, Alles was ist die meisterhafte Fortsetzung der Erkundung eines Lebens in einer schlichten Sprache, die aber einen so bezwingenden Rhythmus annimmt, dass man fortgezogen wird in die Höhen und Tiefen eines Schicksals, in dem man so viel Eigenes wiedererkennt, sublimiert durch diesen unvergleichlichen Blick, der alles in die Sphäre des Besonderen hebt….
Haruki Murakami, Gefährliche Geliebte
Ja, ich gebe es zu, ich gehöre zu denen, die Murakami lesen … habe ich auch lange damit gewartet, wurden die Lücken dann umso furioser eingeholt. Ich könnte nicht wirklich sagen, welcher Roman oder welche Facette der Verstörung mir am besten gefällt, aber meine unverbesserlich romantische Seite tendiert zu diesem,…
Tomas Espedal, Wider die Kunst
»Der erste Satz, als drücke man eine Nadel auf die Haut«. Über Tomas Espedal kann man eigentlich nicht viel schreiben, weil er selbst versucht, alles zu Sagende auf seine Essenz zu komprimieren. Und eben dieses Innerste, das er damit zutage bringt, übt einen bezwingenden Bann auf den Leser aus….
Schreiben
Am Ende Nathalie
Eine kleine Geschichte aus Paris, Teil eines Romans, dessen Figuren sich streifen, aus den Augen verlieren, dem Charme anderer erliegen oder schlicht der Fremdheit, für die man nicht das Land wechseln muss, die fern der gewohnten Wege manchmal aber erst benennbar wird…
A House with Cherry Trees
The car was parked at a fork in the road. The windows were rolled down, moist spring air washed inside. The road snaked along the foot of a plateau, between mimosas and naked trees. The Luberon Massif rose behind them on the other side of the valley. They were underwhelmed but perhaps it was due to the season….
Der Kleiderbaum
An einer Weggabelung stand der Wagen. Die Fenster waren heruntergekurbelt, feuchte Frühlingsluft wischte hinein. Die Landstraße wand sich am Fuß einer Anhöhe entlang, zwischen Mimosen und kahlen Bäumen. Hinter ihnen erhob sich auf der anderen Seite des Tals das Bergmassiv des Lubéron….
Comtesse de Sévigné auf Abwegen
Über unserem Wohnzimmer, dem ausufernden Bücherregal, stand ein Sekretär randvoll mit Papieren. Die vielen Schubladen des Sekretärs waren geschlossen, doch drehte Madame Lantzman, unsere Nachbarin, den Schlüssel in einer von ihnen um und zog sie heraus, blickte einem ein Zettelmeer aus Hoffnungslosigkeit entgegen….
Das Haus und die Insel
Sie sperrten die Hunde in die Garage. Das Mädchen stellte ihnen einen Napf mit Futter und einen mit Wasser hinein, der Mann verriegelte die Tür.
Die aufgehende Sonne färbte den Himmel über dem Hügel rot. Knorrig die Mandelbäume auf dem steinigen Land. Sie schlossen die Haustür und stiegen ins Auto….
Jockey
Ich bin wegen der Pferderennen nach Paris gekommen. Wie auch immer das auf Französisch heißen mag. Hippodrom haben sie am Bahnhof gesagt und mich hierher geschickt, aber schon auf dem Sandweg entlang der Hecken war mir klar, dass es nicht der richtige Ort ist….
Hier ein Meer, dort eine Fabrik
Momar rief aus Marrakesch an, als ich mir gerade einen Salat zum Mittagessen mache, deprimiert vom Stand der katalanischen Politik, fahrig vom Wind, der gegen die Fenster toste, als wollte ein Gott die Welt seinen Zorn spüren lassen….